Wie der Abschied aus der Kita gelingt

Der symbolische „Rausschmiss“ soll den Abschied für die Kinder leichter machen

Der Übergang von der Kita in die Schule ist ein bedeutsamer Schritt für Kinder – ein Umbruch, der ihr Leben komplett verändert. Dieser Übergang beginnt meist, wenn die Kinder in ihrem letzten Kita-Jahr zu den „Großen“ werden. Sie haben dann schon eine Menge gelernt und sind vorfreudig und gespannt auf die Schule, über die sie von den Eltern oder Geschwisterkindern schon so viel gehört haben.

Für die Kinder ist dieser Übergang mit einigen Herausforderungen verbunden: Sie müssen zum einen den Identitätswechsel vom Kita-Kind zum Schulkind vollziehen und erfahren die Veränderung vom weitgehend selbstbestimmten Spielen hin zum gezielten Erwerb von Wissen und konkreten Fähigkeiten. Lernen ist nicht mehr ein von Neugierde getriebener Prozess wie in der Kita, denn in der Schule wird nach Lehrplan gelernt. Sie müssen zum anderen mit einem veränderten Netz an Beziehungen zurechtkommen und bestimmte Erwartungen erfüllen. Und sie müssen sich schließlich ein neues Lebensumfeld erarbeiten – wie etwa längere oder andere Betreuungsformen und -zeiten. Die Erfahrungen, die Kinder beim Übergang von der Kita in die Schule machen, können nicht nur ihre weitere Bildungsbiografie beeinflussen, sondern auch die Art und Weise, wie sie künftig mit ähnlichen Herausforderungen umgehen.

Die Kinder müssen damit zurechtkommen, dass ihnen die Sicherheit des Bekannten fehlen wird

Endlich „erwachsen“: Mitarbeitende der Kita Wettiner Straße der Diakonie verabschieden die Kinder aus der Kita. Der symbolische „Rausschmiss“ soll den Abschied für die Kinder leichter machen

 

Ein Prozess des Abschiednehmens

Solche Übergangsphasen sind meist von starken Emotionen geprägt – nicht nur für die Kinder selbst, sondern auch für ihre Eltern und die Erzieher*innen in der Kita, die sie in dieser Phase begleiten. Ulrike Laengner unterstützt Eltern und Erzieher*innen bei diesem Übergang mit dem Kurs „Fit für die Schule“. Sie sagt: „Es ist ein Prozess des Abschiednehmens für die Kinder, bei dem sie ihr gewohntes Umfeld, die Kita, in der sie von jüngstem Alter waren und zu der sie eine Bindung haben – zu den Räumen, zu den Erzieher*innen und den anderen Kindern –, verlassen. Die Kinder müssen damit zurechtkommen, dass ihnen die Sicherheit des Bekannten fehlen wird und dass sich vielleicht auch ihre Freundschaften verändern werden. Sie wissen noch nicht genau, was und wer sie erwartet.“ Auch für Eltern sei das oft kein einfacher Schritt. Manche Eltern litten ebenfalls unter dem Schuleintritt, weil sie Angst hätten, nun noch weniger Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, und weil ihnen klar werde, dass sie nicht mehr die alleinigen Stars ihrer Kinder seien, nicht mehr diejenigen, die in den Augen der Kinder alles können.

In ihren Kursen rät Laengner Eltern von Vorschulkindern, Gespräche mit ihren Kindern zu führen, um herauszufinden, wann sich ihre Kinder sicher fühlen und was sie dafür brauchen. Nur so würden sie mit einer gewissen Resilienz ausgestattet, um auch einmal scheitern zu können: „Im Schulunterricht gibt es Situationen, in denen das Kind sich meldet, aber dann nicht drangenommen wird, weil die Lehrer*innen natürlich nicht alle Kinder aufrufen können. Damit müssen die Kinder lernen umzugehen. Sie sollten sich dann nicht frustriert oder abgelehnt fühlen, sondern sich ihrer selbst sicher sein, wissen, was sie können, und sich als Teil einer Gemeinschaft fühlen. Dafür braucht es im Vorfeld Gespräche.“ Kinder sollten wahrnehmen, dass ihre Eltern an sie glauben. Wenn Kinder das Gefühl haben, es geht beim Lernen in der Schule nicht in erster Linie um Leistung, dann lernen sie aus eigenem Antrieb – nicht, weil sie müssen, sondern weil sie können: „Haben Kinder das Gefühl, den Anforderungen der Schule und der Eltern gerecht werden zu müssen, dann wissen sie zwar, was alle von ihnen erwarten, aber sie wissen nicht, was sie eigentlich selbst wollen“, führt Laengner weiter aus.

Kooperation aller an der Erziehung Beteiligten

Um sich angemessen von der Kita verabschieden zu können, setzt Laengner auf Rituale. Zum Beispiel können die Kinder ihre Schultüte in der Kita selbst basteln oder die besten Fotos aus der Kita-Zeit heraussuchen und sich gemeinsam mit ihren Eltern an die schönsten Momente erinnern. Manchmal ist es auch ein bestimmtes Lied, das ihre Vorfreude auf die Schule thematisiert. Ein liebevoll inszenierter Rauswurf markiert das Ende der KitaZeit und schafft Raum für den Neubeginn in der Schule.

Wenn Eltern, Familien, Erzieher*innen und Lehrer*innen vertrauensvoll zusammenarbeiten und im Gespräch bleiben, gelingt der Wechsel in die Schule. So können die Erzieher*innen die Kinder zum Beispiel durch Projekte vorbereiten, die bestimmte schulrelevante Kompetenzen fördern. Die Lehrkräfte wiederum können sich über die Kita-Arbeit informieren und sich durch Gespräche mit den Eltern ein Bild von den einzelnen Schüler*innen machen. „Ich habe eine Einschulung erlebt, bei der der kleine Junge seine Schule, seine Klassenlehrerin und den Klassenraum schon vorher kennengelernt hatte. Damit war die erste Hürde schon überwunden“, erzählt Laengner.

Respekt ja, Angst nein

Das Allerwichtigste aber ist für Ulrike Laengner, den Kindern die Angst zu nehmen: „Kinder haben so unglaubliche Möglichkeiten, ständig so vieles zu lernen. Das Einzige, was sie blockieren kann, ist Angst. Kinder sollten bei neuen Dingen aufgeregt sein oder Respekt vor Neuem haben, sie sollten aber keine Angst haben. Deshalb sollten wir Situationen schaffen, die mit so wenig Angst wie möglich besetzt sind.“

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