Mütter ohne Wohnung 

Die Icklack nimmt jetzt auch Frauen mit Kindern auf 

Valerie geht ihren Weg 

Foto Jana Bauch 

Die Icklack – Wohnen für Frauen nimmt jetzt auch Frauen mit Kindern auf. Valerie und ihre Tochter Sara sind die ersten, die eine der Außenwohngruppen bezogen haben.     

Im Garten des Einfamilienhauses steht jetzt im Mai knöchelhoch das Gras. So richtig will das Haus mit den kleinen Fenstern, dem grob verputzten Mauerwerk und dem verwinkelten Dach nicht in diese Gegend mit ihren Mehrfamilienhäusern passen: Eine kleine Idylle inmitten der Stadt. Für Valerie (Name geändert) ist dieses Haus zu einem Zuhause geworden, als es für sie keinen Ort mehr gab, an dem sie bleiben konnte. Nicht in der Eifel, in der sie mit ihrer Tochter Sara (Name geändert) bei ihrem Freund lebte. Nicht im Ruhrgebiet, wo Valerie und Sara vorübergehend bei Valeries Mutter  untergekommen waren, nachdem Valerie sich von ihrem Freund getrennt hatte. Über die Schwierigkeiten mit ihrer Mutter und die schwerwiegenden Gründe für die Trennung vom Freund möchte Valerie nicht sprechen. Nur so viel: „Ich stand mit meiner Tochter praktisch auf der Straße.“

 In NRW hat die Zahl der wohnungslosen Frauen in den vergangenen Jahren zugenommen. Inzwischen stellen sie rund die Hälfte aller Wohnungslosen (Zahlen aus 2022). Jede sechste von ihnen hat Kinder. Für wohnungslose Mütter hat die Diakonie Düsseldorf 2015 die Kleine Ariadne eröffnet. Acht Frauen mit Kindern wohnen dort, um mit Unterstützung von Mitarbeiterinnen der Diakonie ihre Angelegenheiten zu klären. Birgül Elidar, Leiterin der Icklack – Wohnen für Frauen möchte dieses Hilfsangebot ausweiten. 

Denn viele solcher Orte gibt es nicht in Düsseldorf. „Die meisten stationären Einrichtungen sind nicht für Frauen mit Kindern konzipiert“, stellt Elidar fest. Bisher nahm auch die Icklack nur Frauen ohne Kinder auf. „Die Frauen, die zu uns kommen, haben  jede Menge durchgemacht", sagt sie. „Viele haben Demütigungen und Gewalt in ihren Beziehungen erlebt. Aus Angst, dass man ihnen die Kinder wegnimmt, versuchen sie so lange wie möglich bei Bekannten und Verwandten unterzukommen, bevor sie sich wohnungslos melden." Die Diakonie hat sich beim Landschaftsverband deshalb dafür eingesetzt, dass die Icklack auch Frauen mit Kindern aufnehmen kann. Valerie ist die erste Frau mit Kind, bei der das möglich war. Das Einfamilienhaus – eine Außenwohngruppe der Icklack – teilt sie sich mit zwei weiteren Frauen. Jede von ihnen hat ein eigenes, Valerie und Sara haben ein gemeinsames Zimmer. Die Gemeinschaftsräume sind für alle da. 

In der Außenwohngruppe unterstützen sich die Frauen gegenseitig. „Ich bin sehr freundlich aufgenommen worden“, sagt Valerie. „Auch wenn es mir mal nicht so gut ging, war immer jemand für mich da.“ Auch Sara möchte am liebsten nie wieder weg, auch wenn sie ihren alten Kindergarten vermisst. „Es ist schön hier“, sagt die Fünfjährige. 

Ein halbes Jahr ist es her, dass Valerie und Sara in die Außenwohngruppe der Icklack eingezogen sind  Seitdem ist viel passiert. Valerie hat mit dem Vater von Sara offene Sorgerechtsfragen geklärt, eine neue Wohnung gesucht und gefunden und für die fünfjährige Tochter einen Kindergartenplatz organisiert. Die Mitarbeiterinnen der Icklack haben sie dabei intensiv unterstützt. „Das ist für uns natürlich eine Herausforderung. Denn Mütter mit Kindern benötigen eine ganz andere und auch umfangreichere Hilfe“, sagt Elidar. „Da gilt es zum Beispiel auch Fragen zum Umgangsrecht oder zu Unterhaltszahlungen mit dem Kindsvater zu klären, was viel Zeit in Anspruch nimmt.“ Für diesen Mehraufwand kommt der Landschaftsverband nicht auf. Trotzdem möchte sie auch die anderen beiden Zimmer in der Außenwohngruppe künftig gerne Frauen mit Kindern zur Verfügung stellen. „Die Zimmer haben die ideale Größe.“

Valerie steht am Eingang des kleinen Hauses, die Hände selbstbewusst in die Hüften gestemmt. Sie blickt stolz zu ihrer Tochter, die gedankenverloren Buntstifte und Papier auf dem Gartentisch drapiert. Dass sie so schnell Fuß fassen würde, hätte sie nicht gedacht. Im Juli wird sie in eine eigene Wohnung im Ruhrgebiet ziehen und Sara wird wieder in die Kita gehen. Dann will Valerie auch ihre Ausbildung als Erzieherin fortführen. Bis dahin gilt es noch viel zu tun. Sie freut sich darauf. „In der Icklack konnte ich mich sortieren und neuen Mut fassen. Dafür bin ich sehr dankbar“, sagt sie.

Die Diakonie Düsseldorf unterstützt Mütter wie Valerie und ihre Töchter auch mit Spenden, etwa für eine Möblierung der neuen Wohnung, neues Spielzeug, wenn altes zurückgelassen werden musste oder bei den Umzugskosten. Möglich machen das zahlreiche Spender*innen. Mehr Informationen dazu gibt es hier.   

Mehr zum Thema

Die Hölle ist zuhause

Jede vierte Frau wird einmal oder mehrmals in ihrem Leben Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt durch ihren Partner. Ein Gespräch mit Christina Clemm, die seit über 20 Jahren als Rechts­anwältin genau jenen Frauen zur Seite steht.

Weiterlesen
Mittagstisch für alle Kinder

Manche Kinder wissen bei der Einschulung noch nicht, wie man richtig mit Besteck umgeht. Der pädagogische Mittagstisch an der Offenen Ganztagsschule unterstützt sie dabei, aufzuholen – und hilft, wenn Familien sich das Mittagessen nicht leisten können.

Weiterlesen