JUMP: Begleitung für junge Geflüchtete
Was sie erlebt haben, ist oft unvorstellbar: Gewalt, Krieg, Verfolgung oder andere existenzielle Notlagen. Junge Geflüchtete (unbegleitete minderjährige Flüchtlinge) mussten ihr Heimatland ohne Eltern oder Angehörige verlassen. Wir unterstützen sie, in Deutschland anzukommen und ihren Weg in die Selbstständigkeit zu finden – mit JUMP. JUMP steht dafür, Jugendlichen und Unbegleiteten Minderjährigen eine Perspektive zu schaffen.
Nach Monaten oder Jahren auf der Flucht haben die Jugendliche große Herausforderungen bewältigt. Sie haben trotz schwerer Erfahrungen viel Kraft und viele Ressourcen, um ihr Leben in die Hand zu nehmen und sich eine Zukunft aufzubauen. Aber das Leben junger Geflüchteter ist in Deutschland erst einmal geprägt von Unsicherheit: Für viele ist es jahrelang unklar, ob sie auf Dauer in Deutschland bleiben können oder ob sie trotz bestehender Gefährdung in ihr Herkunftsland zurückkehren müssen.
Wir unterstützen sie, in Deutschland anzukommen und ihren Weg in die Selbstständigkeit zu finden – mit JUMP.
JUMP – das bedeutet:
Jugendlichen Unbegleiteten Minderjährigen Perspektive ermöglichen
JUMP – das ist auch ein Ort:
In der Goethestraße in Flingern/Düsseltal sind seit Februar 2024 alle unsere Angebote unter einem Dach in einer eigenen Etage mit hellen jugendgerecht eingerichteten Räumen. Unser Treffpunkt in der Goethestraße ist das „Wohnzimmer“ für die Jugendlichen – ein Ort zum Chillen und Spielen, zum Treffen von Freunden, für Beratung durch die Mitarbeitenden, für Kreativangebote und Nachhilfe, zum Feiern von Geburtstagen und Festen aus allen Religionen und Kulturen – und natürlich zum Mittagessen, das mindestens zweimal in der Woche stattfindet. Denn wir wollen, dass sich die Jugendlichen bei uns zuhause fühlen.
Dies sind die Angebote von JUMP:
- Für Jugendliche ab 16 Jahren gibt es unsere Verselbständigung in betreuten Wohngemeinschaften.
- Für Mädchen, die gerade erst in Deutschland angekommen sind, klären wir den psychotherapeutischen Bedarf und die möglichen aufenthaltsrechtlichen Schritte im ambulanten Clearing.
- Junge Erwachsene sollen auch nach Ende der Jugendhilfe noch ein Netz haben, das sie auffängt. Dafür haben wir unser Projekt Care Leaver.
Verselbständigung für junge Geflüchtete
In unseren betreuten Wohngemeinschaften leben Jugendliche aus aller Welt. Jeweils zwei bis drei junge Menschen wohnen zusammen. Alle haben ein eigenes Zimmer und teilen sich Küche und Bad mit ihren Mitbewohner*innen. Es gibt Jungen- und Mädchen-WGs, zentral gelegen in ganz normalen Mietshäusern – um die jungen Menschen so gut wie möglich auf die Selbständigkeit vorzubereiten.
Viele der Jugendlichen müssen durch die Flucht und die Trennung von ihrer Familie schon früh für sich alleine die Verantwortung übernehmen. Ein möglichst großes Maß an Selbständigkeit – z.B. für sich selbst einkaufen, kochen, das eigene Geld einteilen - ist für viele gar nicht so schwer oder sie können es mit etwas Hilfe schnell lernen. Dafür gibt es andere Bereiche, bei denen die Jugendlichen noch viel Hilfe und Unterstützung benötigen: sich in einer fremden Gesellschaft zurechtfinden, das Schulsystem kennen zu lernen, eine neue Sprache zu lernen oder sich im „Behördendschungel“ zu orientieren. Dazu kommt die Belastung durch die Fluchterfahrungen und die Unsicherheit über die Zukunft. Hier tun wir unser Möglichstes, um die Jugendlichen zu begleiten und zu stärken.
In unseren WGs können junge Geflüchtete ab 16 Jahren aufgenommen werden, wenn sie selbst es wollen und wenn die sogenannte fallführende Fachkraft im Jugendamt und der Vormund das für passend halten. Jugendliche, die bei uns aufgenommen werden, waren in der Regel vorher in einer Clearingeinrichtung oder in einer Wohngruppe untergebracht.
Die meisten Jugendlichen bei JUMP sind als unbegleitete Minderjährige nach Deutschland gekommen. Auch für junge Menschen, die mit ihrer Familie geflüchtet sind, kann es manchmal sinnvoll sein, sich in der Übergangszeit zum Erwachsenwerden von den Eltern zu trennen und im Rahmen der Jugendhilfe Unterstützung zu bekommen. Auch für diese Jugendlichen sind wir da.
Wichtig ist es aus unserer Sicht, dass die jungen Menschen erst einmal das Miteinanderleben in einer Wohngemeinschaft lernen. Dann kann nach einiger Zeit der Umzug in eine „Trainingswohnung“ geplant werden, in der das Alleinleben geübt wird, bevor am Ende der Jugendhilfe im besten Fall eine eigene Wohnung gefunden ist.
- Wir stellen jeder und jedem Jugendlichen eine Bezugsperson zur Seite, die sie in allen Lebensbereichen unterstützt. Mit dieser Person gibt es regelmäßige verlässliche Kontakte – möglichst jeden Tag, mindestens aber dreimal in der Woche.
- Wir sind jederzeit ansprechbar – auch nachts und am Wochenende mit einer telefonischen Rufbereitschaft. In Notfällen sind wir ganz schnell vor Ort.
- Wir kennen uns aus mit den wichtigen Themen. Ob Schule und Lernen, Ausbildung und Jobsuche, Beziehungsprobleme, Aufenthaltsrecht, Umgang mit Stress und den traumatischen Erfahrungen aus der Vergangenheit: Wir haben ein offenes Ohr und unterstützen, wo wir können.
- Wenn wir selbst nicht weiterwissen, kennen wir oft andere, die helfen können: Durch unsere gute und langjährige Vernetzung zu den unterschiedlichsten Stellen wie Flüchtlingsberatungsstellen, Suchtberatung, Schuldnerberatung, psychotherapeutischen Angeboten und vielen mehr finden wir auf die meisten Fragen eine Antwort.
- Wir sprechen einige der Muttersprachen unserer Jugendlichen oder Amtssprachen aus ihren Herkunftsländern: dari/farsi, ukrainisch, russisch, lingala, urdu, punjabi, hindi, englisch und französisch.
- Wir treffen uns mit den Jugendlichen nicht nur in ihren Wohnungen: Zentraler Ort für Gemeinschaft, Gruppentreffen oder um mal eben eine Frage loszuwerden ist unsere Anlaufstelle in der Worringer Straße in Düsseldorf-Stadtmitte. Hier können die Jugendlichen sich nicht nur untereinander treffen, sondern es ist im Wechsel von Montag bis Freitag jeden Nachmittag mindestens eine Person aus dem Team vor Ort. Und da Liebe bekanntlich durch den Magen geht, gibt es hier – zumindest sofern die Corona-Bestimmungen es wieder zulassen – jede Woche mindestens einmal ein gemeinsames Mittagessen.
Auch nach dem 18. Geburtstag ist die Jugendhilfe nicht automatisch zu Ende. Damit es noch einige Zeit weitergehen kann, müssen die Jugendlichen noch weitere Unterstützung wünschen und einen Antrag auf Hilfen für junge Volljährige stellen. Dabei helfen wir natürlich.
Ziel ist es, dass mit spätestens 21 Jahren die wichtigsten Schritte auf dem Weg in die Selbständigkeit geschafft sind: im besten Fall ein Schulabschluss, der Beginn einer Ausbildung oder eines Studiums, eine eigene Wohnung. Das gelingt nicht immer. Manchmal ist die Zeit zu kurz, oder die Hindernisse sind zu hoch. Aber wir arbeiten gemeinsam mit den Jugendlichen an ihren persönlichen Zielen und stehen ihnen auch bei Umwegen und Schwierigkeiten zur Seite – nach dem Ende der Jugendhilfe auch mit unseren Projekten für Care Leaver.
Ansprechpartner: Alexander Mess, Teamleiter Verselbständigung
Ambulantes Clearing für unbegleitete geflüchtete Mädchen
Für unbegleitete minderjährige Geflüchtete gibt es in den ersten Monaten nach der Einreise ein so genanntes Clearingverfahren. Ziel des Clearings ist es, für die Jugendlichen die bestmögliche Unterstützung zu organisieren –für eine geeignete Wohnform, für die aufenthaltsrechtliche Perspektive oder auch für den psychotherapeutischen Bedarf.
- In Düsseldorf gibt es für geflüchtete Mädchen keine spezielle stationäre Clearingeinrichtung. Daher führen wir das Clearing ambulant durch.
- Den Auftrag für das Clearing erteilt das Jugendamt. Während dieser Zeit wohnt das betreffende Mädchen zuerst in der städtischen Mädchenschutzstelle und später in einer Wohngruppe.
- Gerade bei weiblichen Geflüchteten ist die Klärung der Fluchtgründe besonders wichtig, da geschlechtsspezifische Verfolgung zu einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen kann.
- Viele der jungen Frauen sind vor oder während der Flucht Opfer von Gewalt geworden. Sie sind darauf angewiesen, dass dies schnell erkannt und entsprechende Hilfe eingeleitet wird.
Erst einmal geht es darum, dass wir gegenseitig Vertrauen aufbauen. Im weiteren Verlauf sprechen wir mit dem Mädchen in ausführlichen Gesprächen in einem geschützten Rahmen über ihre Lebensgeschichte:
- Situation der Familie im Herkunftsland (z. B. finanzielle Situation, Wohnverhältnisse, religiöses Umfeld)
- Verbleib der Eltern, letzter Kontakt
- Bildungshintergrund
- Gesundheitliche Situation
- Fluchtgründe
- Fluchtweg
- Aufenthalt von Verwandten oder anderen Bezugspersonen
- Fähigkeiten und Ressourcen
- traumatische Belastungen
Unsere Mitarbeiterin im Clearing ist zertifizierte Traumapädagogin/Traumafachberaterin. Die Gespräche finden immer mit Unterstützung einer weiblichen Dolmetscherin/Sprach- und Integrationsmittlerin statt.
Teil des Clearings ist auch eine psychologische Diagnostik. Am Ende steht ein ausführlicher Bericht mit einer psychologischen und aufenthaltsrechtlichen Empfehlung.
Care Leaver - unser Angebot für die Zeit danach
Care Leaver sind junge Erwachsene, die Unterstützung durch die Jugendhilfe erhalten haben. Nach Erreichen der Volljährigkeit, spätestens mit 21 Jahren, wird diese Hilfe beendet. Care Leaver sind dann auf sich allein gestellt, denn ihnen fehlt der Rückhalt, den junge Erwachsene normalerweise durch ihre Eltern haben. Mit unserem Projekt Care Leaver sind wir weiterhin für sie da.
Junge Menschen, die als unbegleitete minderjährige Geflüchtete nach Deutschland gekommen sind und nun alleine leben, haben besondere Herausforderungen zu bewältigen:
- Die aufenthaltsrechtliche Situation ist auch nach Entlassung aus der Jugendhilfe oft noch ungeklärt.
- Nicht immer konnte eine Wohnung gefunden werden – eine große Zahl der Care Leaver muss in Notunterkünften für Flüchtlinge leben.
- Einen Schulabschluss zu erreichen oder eine Ausbildung erfolgreich abzuschließen, wird durch die Sprachbarriere erschwert.
- Manche Geflüchtete sind wegen des ungeklärten Aufenthalts von Arbeits- und Ausbildungsverboten betroffen.
- Die Anforderungen an eine Integration sind hoch.
Viele junge Geflüchtete haben in den ersten Jahren in Deutschland schon viele Hürden überwunden und Schwierigkeiten bewältigt. Dennoch können nach dem Ende der Jugendhilfe Krisensituationen auftreten. So kann ein Verlust des Ausbildungsplatzes oder der Wohnung oder ein abgelehnter Asylantrag die erreichten Erfolge gefährden oder schlimmstenfalls zunichte machen.
Das Projekt richtet sich an junge erwachsene Geflüchtete im Alter von 18 bis 27 Jahren. Voraussetzung ist, dass sie zuvor stationäre oder ambulante Hilfen zur Erziehung im Auftrag des Jugendamtes erhalten haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Hilfe durch JUMP oder durch eine andere Jugendhilfeeinrichtung in Düsseldorf geleistet wurde.
Wir beraten die Care Leaver vor allem zu den Bereichen Ausbildung und Arbeit, Aufenthaltsrecht, Finanzen und psychische Stabilisierung. Themen sind beispielsweise
- Fragen zu Verträgen oder Regulierung von Schulden
- Jobsuche
- Arbeitsrechtliche Fragen
- Behördenkommunikation
- Asyl- und aufenthaltsrechtliche Fragen
- Ausbildung (Inhalte, Bedarf nach Unterstützung beim Lernen)
- Fragen zum Eintritt ins Berufsleben nach Abschluss der Ausbildung
- Probleme mit Wohnung/Vermieter, Kündigung des Mietverhältnisses, Wohnungssuche
- Versicherungsfragen
- Hilfestellung beim Ausfüllen von Formularen
- Psychische/ psychosoziale Probleme
Wir nehmen Kontakt mit Behörden auf, vermitteln an weiterführende Beratungsstellen auf und begleiten bei Bedarf dorthin.
JumPEERS
JUMPeers ist ein von der Aktion Mensch gefördertes Projekt zum Aufbau eines interkulturellen Selbsthilfenetzwerks für Care Leaver*innen.
Viele junge Geflüchtete konnten während der Zeit in der Jugendhilfe kein soziales Netz aufbauen – zu groß waren zunächst die individuellen Probleme und Zukunftssorgen. JUMPeers hilft dabei, diese Lücke zu schließen. JUMPeers bietet Vernetzung – durch Spiele- oder Themenabende, Ausflüge und Aktionen wie Grillen, Fußball, Bowling, Besuch von Weihnachtsmarkt oder Kirmes und vieles mehr.
Bei Besuchen von Care Leaver-Projekten und -initiativen in anderen Städten erleben die jungen Menschen, dass sie mit ihrer besonderen Situation nicht alleine sind. Diese Besuche tragen immer auch zur politischen Bildung und zum Empowerment bei.
Einige der Care Leaver*innen möchten sich in besonderem Maße engagieren. Als Peer-Berater*innen können sie ihre Erfahrungen und persönlichen Stärken einbringen – bei der Organisation und Durchführung der Aktionen und Projektbesuche, aber auch durch das Weitergeben eigener Erfahrungen an andere junge Geflüchtete.
Ansprechpartnerinnen für das Projekt: Anna Lessel und Anne Kelitsch
Tel. 0211 59 87 41 80
Aktuelle Infos gibt es auf Instagram (@Jump_Careleaver).