Eigentlich hat sich gar nicht so viel verändert am Niederkasseler Kirchweg. Vor 70 Jahren, am 28. September 1954, wurde hier das Friedrich-Naumann-Haus der Diakonie eingeweiht. Das Haus wurde mehrfach umgebaut, die Arbeit immer wieder auf die Lebensverhältnisse angepasst. Aber nach wie vor werden hier junge Männer mit sozialen Problemen in ein selbstständiges Leben begleitet.
Damals war das Haus im „ländlich geprägten Oberkassel“ hauptsächlich von Feldern umgeben. Diese abgeschiedene Lage bot eine ruhige und schützende Umgebung für junge Männer, die aus der DDR geflohen waren und nach den traumatischen Erlebnissen ihrer Flucht Stabilität und Sicherheit suchten. Zur Eröffnung kam auch der damalige Bundespräsident Theodor Heuß.
In den 60er Jahren diente das Haus als Unterkunft für junge ausländische Arbeitnehmer, die im Zuge des Wirtschaftswunders in die Bundesrepublik kamen. Anschließend bot es Zuflucht für junge obdachlose Männer und Strafentlassene. Von 1975 bis 1985 wurde es schließlich als Wohnheim für 36 männliche Jugendliche genutzt, die häufig aus schwierigen familiären Verhältnissen stammten. Heute finden hier insgesamt 25 junge Männer Unterstützung und Begleitung; das Durchschnittalter lag zuletzt bei 22,5 Jahren. Mindestens 18 Jahre müssen die Interessenten sein, um im Friedrich-Naumann-Haus einziehen zu können.
Klare Regeln
„Die Schwierigkeiten junger Männer sind über die Jahre immer wieder sehr ähnlich“, sagt Tobias Frantzmann, Leiter des Hauses. „Wohnungslosigkeit, Schulden, Alkohol oder Drogen, Straffälligkeit – alles Problemfaktoren, die sich gegenseitig bedingen und verstärken.“ Ziel ist, die jungen Männer da rauszuholen und langfristig zu stabilisieren. Dafür gibt es klare Regeln im Haus, einen strukturierten Alltag und einen konkreten Hilfeplan für jeden Bewohner – aber auch Freizeitaktivitäten wie Fußball, Gartenarbeit oder Ausflüge und kreative Angebote, die das soziale Miteinander und das Selbstbewusstsein fördern. Aktuell sind 19 Bewohner der Einrichtung in Arbeit oder Ausbildung.
Einfach ist der Weg in die eigene Wohnung allerdings nicht: Der angespannte Wohnungsmarkt in Düsseldorf macht es für Menschen, die aus der Wohnungslosigkeit kommen, besonders schwer, eine eigene Wohnung zu finden. Aber auch bei dieser Suche begleiten die Mitarbeitenden des Friedrich-Naumann-Hauses die jungen Männer. 2023 haben elf Bewohner mit Hilfe der Diakonie eine eigene Wohnung gefunden. Das Ziel der Gründerväter von 1954 ist nach wie vor aktuell: Jeder Mensch kann Verantwortung für sich selbst übernehmen.