Harald Siebke hat in seinem Leben viele gesundheitliche Rückschläge einstecken müssen. Alles begann mit seinem ersten Schlaganfall im Jahr 1997. Vier Jahre später folgte ein Herzstillstand, den er nur knapp und dank ärztlicher Behandlungskunst überlebte. 2011 hatte er dann eine schwere Hirnblutung, von der er sich im Laufe der Jahre allmählich wieder erholte: „Zu der Zeit bemerkte ich, dass mein Mann oft verwirrt war und vergesslich“, erzählt seine Frau Brita Siebke-Holzapfel, „er hat sich aber wieder ins Leben zurückgekämpft.“ 2019 dann ein erneuter Herzstillstand mit Reanimation und Herz-OP, der den heute 75-Jährigen sehr veränderte. „Mein Mann ist seither demenziell verändert und auch beim Laufen stark eingeschränkt. Erinnerungen an früher hat er noch gut parat, aber sein Kurzzeitgedächtnis hat nachgelassen“, sagt seine Frau.
Das Ehepaar ist seit 48 Jahren verheiratet, fast 40 Jahre leben sie schon in Oberkassel. Die vier Kinder sind längst aus dem Haus und haben eigene Familien gegründet. Nur eine Tochter lebt noch in der Nähe, die anderen Kinder sind in ganz Deutschland verteilt. Brita Siebke-Holzapfel pflegt ihren Mann zuhause. Ein aufreibender Job, der sie so manches Mal an ihre Grenzen bringt. „Ich bin ja auch nur ein wenig jünger als er, bin aber den ganzen Tag auf den Beinen, denn es gibt viel zu organisieren: die Mahlzeiten zubereiten, die Medikamente stellen, ein Programm für den Tag auf die Beine stellen und darauf achten, dass mein Mann nicht stürzt“, erläutert Siebke-Holzapfel. Sie fügt hinzu, dass es sie manchmal treffe, dass ihr Mann krankheitsbedingt nicht mehr wertschätzen kann, dass sie für ihn da ist, und wenn er sich hilflos und überfordert fühle, auch mit Schreien reagiere.
Tagespflege für den Alltag, Kurzzeitpflege für den Urlaub
Damit sie auch einmal eine Pause von der Betreuung hat, besucht ihr Mann vier Mal in der Woche die Tagespflege der Diakonie Düsseldorf im nahegelegenen Dorothee-Sölle-Haus. Hier fühlt er sich wohl, plaudert mit dem Personal und mit den anderen Gästen. Und sie genießt in der Zeit das Gefühl, einmal frei zu sein von allen Pflichten und Zeit für sich selbst zu haben. Brita Siebke-Holzapfel engagiert sich in der Ev. Kirchengemeinde in Oberkassel als ordinierte Prädikantin und Presbyterin. Außerdem ist sie sportlich aktiv und kocht leidenschaftlich gerne – auch für Feiern von Freund*innen und Bekannten. „Ich hatte schon immer Spaß am Gestalten und möchte mitentscheiden“, sagt sie von sich selbst. Deshalb ist sie auch Mitglied des Kuratoriums der Diakonie Düsseldorf. Ihr Engagement ist für die pensionierte Realschullehrerin ein wichtiger Teil Ihrer Persönlichkeit.
„Ich habe ein gutes Gefühl, wenn ich ihn zur Tagespflege bringe. Dort gefällt es ihm, das Personal ist nett und immer ansprechbar. Die Mitarbeiter*innen geben ihm das Gefühl, dass er noch sehr viel kann. Das motiviert ihn“, erklärt sie. Als sie im vergangenen Jahr eine längere Auszeit brauchte, zumal auch ihr Haus von den Folgen des Hochwassers betroffen war, brachte sie ihren Mann in der Kurzzeitpflege des Oberkasseler Pflegeheims unter. Dort war er gut versorgt, und sie hatte Zeit, sich darum zu kümmern, was repariert oder renoviert werden musste, und zum Beispiel neue Elektrogeräte anzuschaffen. Sie nutzte die betreuungsfreie Zeit auch dafür, mit den Enkelkindern einmal eine Woche an die See zu fahren.
„Auch dieses Jahr nehme ich die Kurzzeitpflege wieder in Anspruch, damit ich bei Kräften bleibe und meine Kinder besuchen kann“, fügt sie hinzu. Vor allem die Konzerte, die während seines letzten Aufenthalts in der Kurzzeitpflege stattfanden, habe ihr Mann genossen. Denn er habe ein Faible für Jazz und früher auch selbst Klarinette gespielt.
„Was ist, wenn ich selbst einmal erkranke?“
Weil sich der Zustand ihres Mannes kontinuierlich verschlechtert, hat sich Brita Siebke-Holzapfel entschieden, ihren Mann nun auch auf die Warteliste des Pflegeheims setzen zu lassen. Ein Schritt, der ihr schwergefallen ist: „Noch kann ich die Pflege meines Mannes leisten, aber wenn es ihm weiterhin schlechter geht, dann schaffe ich es vielleicht nicht mehr. Und was ist, wenn ich selbst einmal erkranke oder nicht mehr kann?“, fragt sie. Es sei erleichternd zu wissen, dass ihr Mann sich im Dorothee-Sölle-Haus wohlfühlt, ob nun in der Tagespflege oder in der Kurzzeitpflege. Und die Kurzzeitpflege sei wie ein vorgezogenes Probewohnen für die Zeit, wenn ihr Mann vielleicht doch in das Pflegeheim umziehen muss. Aber daran mag sie vorerst gar nicht denken.