Daniela Schwarz ist seit 19 Jahren in unterschiedlichen Bereichen der Diakonie Düsseldorf tätig. Seit März 2023 leitet sie das Sachgebiet Schulbegleitung. Ein Interview.
Welche Berufsausbildung haben Sie, und seit wann arbeiten Sie in der Schulbegleitung?
Ich bin staatlich anerkannte Erzieherin und systemische Beraterin. Seit März 2023 leite ich das Sachgebiet Schulbegleitung. Dieser Bereich wird seitdem aufgebaut.
Was hat Sie dazu bewogen, in der Schulbegleitung zu arbeiten?
Das Thema Inklusion beschäftigt mich schon sehr lange: Ich war lange Zeit als Leitung einer OGS an einer Förderschule mit den Förderschwerpunkten „Emotionale und Soziale Entwicklung“ tätig. Seither hat mich das Thema „Kinder mit besonderen Bedarfen“ gepackt und nicht mehr losgelassen. Als sich mir dann die Möglichkeit bot, den Aufbau des Bereichs Schulbegleitung mitzugestalten, war für mich klar, dass ich mich bewerbe.
Wie viele Kinder mit besonderem Bedarf werden denn im Moment von der Diakonie betreut?
Derzeit sind es 24 Kinder, Tendenz steigend.
Welchen Bedarf haben die Kinder, die Sie begleiten?
Wir unterstützen Kinder, die körperliche, seelische und/oder geistige Beeinträchtigungen mitbringen.
Wie begleiten Sie diese Kinder ganz konkret?
Wir begleiten die Kinder und Jugendlichen durch ihren Schulalltag, damit sie die Möglichkeit haben, Bildungsangebote gleichberechtigt mit anderen Kindern wahrzunehmen. Das beginnt oft damit, erst einmal strukturiert in der Schule anzukommen. Zum Beispiel: Wohin gehört die Jacke? Das überfordert manches Kind. Wir helfen dabei, alltägliche Aufgaben zu trainieren und zu verinnerlichen, so dass das Kind oder der Jugendliche diese künftig selbstständig erledigen kann.
Die Schulbegleitung verschafft sich gemeinsam mit dem Kind einen Überblick darüber, wie der Tagesablauf sein wird: Was steht auf dem Stundenplan? Gibt es Änderungen? Kinder mit besonderen Bedarfen tun sich oft schwer mit Veränderungen beziehungsweise mit Situationen, bei denen etwas „nicht nach Plan“ läuft. In Kooperation mit der Schule werden gemeinsam Strategien entwickelt, um Kinder und Jugendliche zu befähigen mit solchen Veränderungen umzugehen.
Die Hilfe orientiert sich im besten Fall an den vorhandenen Ressourcen und Barrieren, die sich auf die Teilhabe der Kinder und Jugendlichen auswirken.
Wobei unterstützen Schulbegleiter:innen die Kinder noch?
Wir unterstützen die Kinder und Jugendlichen auch beim Aufbau von sozialen Kontakten mit Mitschüler*innen: Wie können sie die Kontaktaufnahme zu anderen Kindern und Jugendlichen gestalten? Wie können sie einen vorhandenen Kontakt halten?
Nicht selten helfen Schulbegleiter:innen auch beim Thema Motivation. Viele Kinder und Jugendliche verlieren schnell den Mut. Hier gilt es, immer wieder Mut zuzusprechen und den Selbstwert des Kindes zu stärken: „Wir schaffen das gemeinsam, und irgendwann schaffst du es auch allein.“
Oft geht es auch darum, Überforderung zu erkennen und dann eine Auszeit zu ermöglichen. Manchem Kind hilft Bewegung auf dem Schulhof, andere brauchen vielleicht eher einen ruhigen Bereich, in dem sie runterfahren können. Die Arbeit der Schulbegleitung erfolgt immer in enger Zusammenarbeit mit der Klassenleitung.
Geben Schulbegleiter:innen auch praktische Unterstützung?
Ja natürlich. Zum Beispiel beim Sportunterricht helfen sie Kindern mit körperlichen Beeinträchtigungen bei Übungen, die sie alleine nicht schaffen, oder schauen nach alternativen Übungen. Manche brauchen auch Hilfe beim An- und Auskleiden. Besucht das Kind die OGS, unterstützt die Schulbegleitung auch bei den Hausaufgaben und bei der Freispielgestaltung.
Bleiben Schulbegleiter:innen den ganzen Tag an der Seite des Kindes?
Die Schulbegleitung verfolgt das Ziel, das Kind so zu fördern und zu unterstützen, dass es irgendwann selbstständig am Schulalltag teilhaben kann. Dazu gehört auch, dass sich die Schulbegleitung immer mal wieder zurückzieht, um dem Kind die Möglichkeit zu geben, sich selbst auf den Weg zu machen und seine freie Zeit selbstständig zu gestalten. Sie unterstützt erst dann wieder, wenn Bedarf da ist. Es gilt immer: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Der Stundenumfang der Begleitung orientiert sich am individuellen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen.
An welchen Schulen sind Schulbegleiter:innen aktiv?
Wir begleiten Kinder und Jugendliche an Grundschulen, Förderschulen sowie an weiterführenden Schulen. So individuell wie die Kinder ist auch ihr Unterstützungsbedarf: Wir sind sowohl für diejenigen da, die nur in der reinen Schulzeit Begleitung brauchen, wir begleiten aber auch Kinder, die das Angebot des Offenen Ganztag und das Ferienprogramm in Anspruch nehmen.
Schulbegleiter:innen sind Teil des Systems Schule. Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Beteiligten aus?
Das ist von Standort zu Standort individuell. Der Kontakt und die Zusammenarbeit mit der Klassenleitung ist jedoch immens wichtig. Häufig findet auch ein enger Austausch mit der Schulsozialarbeit, den Sonderpädagogen und den pädagogischen Mitarbeitenden der OGS an den Standorten statt. Auch in Kinderschutz-Fällen arbeiten wir selbstverständlich eng mit der Schule zusammen.
Über welche Fähigkeiten sollten Schulbegleiter:innen verfügen?
Essenzielle Fähigkeiten in der Arbeit als Schulbegleitung sind Offenheit, Beziehungsfähigkeit auch in schwierigen Situationen, Empathie, Flexibilität, Durchhaltevermögen und Geduld.
Welche Qualifikationen braucht es, um als Schulbegleiter:in zu arbeiten?
Das ist unterschiedlich. In unserem Team arbeiten überwiegend Quereinster*innen. Je nach Anfrage der Kostenträger werden aber auch Kinderpfleger*innen, Heilerziehungspfleger:innen oder Erzieher*innen angefragt. Die Schulbegleitungen erhalten bei der Diakonie Düsseldorf zusätzlich Schulungen zu unterschiedlichsten Themen, die sie in der Praxis benötigen: Kinderschutz, Autismus-Spektrum, Rollenverständnis, lösungsorientiertes Denken und Handeln und Erste-Hilfe-Kurse. Zudem findet etwa alle 6 Wochen ein kollegialer Austausch statt, damit sich die Mitarbeitenden auch untereinander beraten können.
Was macht die Arbeit als Schulbegleiter:in bei der Diakonie Düsseldorf so besonders?
Das Besondere bei uns ist, dass die Kennenlern-Treffen mit der Schulbegleitung, dem Kind oder Jugendlichen, der Schule und mindestens einem Elternteil von mir begleitet werden. Das ermöglicht mir, direkt einen Kontakt zu den Familien und der Schule herzustellen und mir ein Bild vom Zusammenwirken der Schulbegleitung und dem Kind oder Jugendlichen zu machen. So verschaffe ich mir einen Eindruck, ob die Chemie zwischen dem Kind und der Schulbegleitung stimmt – denn diese bildet die Basis der Zusammenarbeit und trägt maßgeblich zum Gelingen der Hilfe bei. Denn das kennen wir doch alle: Wir nehmen nur Hilfe von Menschen an, die uns sympathisch sind und von denen wir uns vorstellen können, dass sie uns wirklich helfen können.