An der Alfred-Herrhausen-Schule arbeiten Lehrerschaft und Schulsozialarbeit eng zusammen, um Familien zu unterstützen, denen es weniger gut geht. Und das bereits seit rund 20 Jahren.
In der Pause: Die Sonne scheint, ein paar Kinder toben auf dem Schulhof herum, Jugendliche sprayen mit Unterstützung eines Künstlers farbenfrohe Graffitis an die Wand eines Gebäudes. Schulleiter Peter Zerfaß und die Schulsozialarbeiterinnen Eva Dahmen, Petra Draheim-Klein und Stefanie Meckenstock gehen über den Schulhof. In Kürze sind sie umringt von Kindern, die etwas erzählen, fragen, loswerden möchten. Auf den ersten Blick ist das eine typische Schulhofsituation, auf den zweiten aber auch ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Schule eine gute Arbeit macht. Die Kinder an dieser Schule vertrauen den Erwachsenen. Und darauf kommt es an.
„Alfred-Herrhausen-Schule – die besondere Schule“, heißt es auf der Homepage mit einem Zwinkersmiley dahinter. Eine wertschätzende und gelungene Umschreibung für den etwas sperrigen Begriff: „Städtische Förderschule für die Förderschwerpunkte Lernen sowie emotionale und soziale Entwicklung“. Besonders ist auch das Schulkonzept. Als eine der ersten Schulen in Düsseldorf arbeitete die Alfred-Herrhausen-Schule mit der Schulsozialarbeit zusammen. Schon damals war das eine Mitarbeiterin der Diakonie Düsseldorf. Rund 20 Jahre ist das nun her.
Für Peter Zerfaß sind die Schulsozialarbeiter*innen eine große Bereicherung für den Schulalltag. „Schulsozialarbeiterinnen und Lehrerschaft unterstützen sich gegenseitig“, sagt er. Dabei gehe es immer darum, zu schauen, was Kinder und Eltern wirklich hilft und entsprechende Angebote zu entwickeln, fügt Schulsozialarbeiterin Eva Dahmen an. Als Lehrer*innen und Schulsozialarbeiterinnen zum Beispiel merkten, dass viele Eltern sich keine neue Kleidung für die Kinder leisten konnten, diese teilweise ohne Turnsachen oder wärmenden Mantel zum Unterricht erschienen, richteten die Schulsozialarbeiterinnen eine Kleiderbörse ein, legten dabei aber den Fokus auf das Thema Nachhaltigkeit. Aus Kostengründen gebrauchte Kleidung zu tragen ist mitunter nicht schön. Aus Umweltschutzgründen Kleidung eine zweite Chance zu geben, schon. Mittlerweile ist die Kleiderbörse bei allen Schüler*innen so beliebt, dass sämtliche Schüler*innen regelmäßig vorbeischauen.
Ganzer Stolz der Schulsozialarbeiterinnen ist auch der Schulgarten samt Gewächshaus. Hier züchten die Kinder und Jugendlichen Kräuter und Gemüse, die sie anschließend im Hauswirtschaftsunterricht und in Projekten, in denen eine kleine Gruppe Schüler*innen von einer Sozialarbeiterin betreut wird, verwerten. „Die Gartenarbeit fördert die Wahrnehmungsfähigkeit. Sie entschleunigt und macht, dass die Kinder und Jugendlichen weniger reizüberflutet sind. Außerdem bekommen sie einen Einblick in den Gärtner-Beruf. Sie übernehmen mit dem Anbau und der Pflege von Pflanzen Verantwortung“, beschreibt Schulsozialarbeiterin Stefanie Meckenstock das Konzept.
Auf die Corona-Krise war die Schule damit gut vorbereitet. „An der Alfred-Herrhausen-Schule gab es bereits vor Corona viele Strukturen, um Familien in Not zu unterstützen. Auf diese Strukturen konnten wir dann in der Krise zurückgreifen“, sagt Schulsozialarbeiterin Petra Draheim-Klein. So konnte die Schule während Corona zum Beispiel kurzfristig Ipads für die Schüler*innen zur Verfügung stellen, deren Familien nicht über entsprechende Geräte verfügten.
In der Corona Zeit wurden Familien bei Bedarf mit Lebensmitteltüten zur Grundversorgung ausgestattet, um wegfallende Mahlzeiten der Kinder in der Schule zu kompensieren. Statt Eltern im Klassenzimmer zu beraten, traf man sich regelmäßig auf dem Schulhof. „Die Kinder, die zu uns kommen, haben einen besonderen Förderbedarf“, erklärt Draheim-Klein. „Darum war es immer schon wichtig, ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Familien zu halten. Das ist uns gelungen. Gab es während der Corona-Krise familiäre Probleme, waren die Lehrer*innen und wir für die Eltern trotz der Distanz durchs Homeschooling oft die ersten Ansprechpartner*innen.“
Im kommenden Jahr – da sind sich alle sicher – wird die Zahl der hilfesuchenden Familien vermutlich wieder steigen. „Die steigenden Kosten stellen viele Familien schon jetzt vor große Herausforderungen“ sagt Zerfaß. „Wir blicken deshalb mit großer Sorge auf das kommende Jahr.“ Doch der Schulleiter ist niemand, der den Kopf in den Sand steckt. „Natürlich hat Schule auch die Aufgabe, Familien in Krisensituationen zu unterstützen“, sagt er. Auch deshalb sei er froh, dass es die Schulsozialarbeiterinnen gibt, die beispielsweise helfen können, wenn es Probleme bei der finanziellen Absicherung gibt. „Es ist ja nicht so, dass alle finanziell schwachen Familien automatisch in der Grundsicherung sind. Viele benötigen Unterstützung bei der Antragstellung.“
Wer sehen möchte, wie gut die Mitarbeitenden der Alfred-Herrhausen-Schule ihre Arbeit machen, kann sich übrigens auch die Zahl der Schüler*innen ansehen, die nach dem Lockdown wieder im Unterricht erscheinen. „Bei uns haben sich alle riesig gefreut, als es wieder losging“, sagt Zerfaß, der vermutet, dass der Lockdown die Wertschätzung der Kinder und Jugendlichen für ihre Schule noch einmal verstärkt hat. Zwar habe die Schule auch einige wenige Schüler*innen durch den Lockdown verloren, aber: „Das waren Schüler*innen, die schon vor Corona kaum noch zum Unterricht erschienen sind und bei denen absehbar war, dass sie trotz all unserer Bemühungen die Schule abbrechen würden.“ Denn: Sind die Jugendlichen erst einmal erwachsen, können sie selbst über ihren weiteren Lebensweg entscheiden. Zerfaß, Meckenstock, Dahmen und Draheim-Klein sind froh, dass sie diesen Weg ein Stück weit mit begleiten können – und dieser Weg auch durch ihre Unterstützung häufig ein erfolgreicher ist.