Wenn vor Dir das Meer tobt

Ramin Zandina träumt davon, eines Tages wieder in seinem Heimatland wandern zu gehen

Ein Mann sitzt im Welcome Point auf dem Sofa.

Immer wieder kehren Geflüchtete mit Unterstützung von Behörden freiwillig in ihre Heimat zurück. Gehen oder bleiben? Diese Frage stellt sich auch  Ramin Zandina, der davon träumt eines Tages wieder in den Bergen seines Heimatlandes Irak wandern zu gehen.  

Es gibt ein kurdisches Sprichwort: Wenn vor dir das Meer tobt und hinter dir die Flammen wüten, musst du da bleiben, wo du bist. Genau so fühlt sich sein Leben an, erklärt Ramin Zandina. Er kann nicht vor und nicht zurück. Also wartet er ab. Darauf, dass die Welt eine andere wird und für ihn als einem aus dem Iran stammenden Kurden eine Heimat zu bieten hat. Während er wartet, lebt Ramin Zandina mit seiner Frau Parvin, der 13-jährigen Tochter und dem 16-jährigen Sohn in einer kleinen Wohnung in Garath. Die bereits erwachsene Tochter hat keine Einreiseerlaubnis bekommen, sie wohnt bei ihren Großeltern im Iran und hat vor einem Monat geheiratet – ohne den Rest ihrer Familie. 

Ein Lehrer, der nicht spricht, kann nicht Lehrer sein.

Ramin Zandina

 
Bis 2015 hat er mit großer Leidenschaft unterrichtet. Mathematik und Sport. Er hat sich in der Gewerkschaft engagiert und hatte alles, wie er sagt. „Eine Familie, einen Job, ein Haus und ein Auto.“ Und dann war plötzlich alles anders. Nach einem Gewerkschaftstreffen in der Türkei kam er zurück und wurde von der iranischen Behörde der Spionage beschuldigt. Auf Nachfrage und stockend beschreibt er, was damals passiert ist. Unterwegs im Auto mit seiner Frau, seiner Tochter und einem Freund wurden sie angehalten und verhaftet. Selbst das Kind musste stundenlang in einer Zelle ausharren, bis es in eine fremde Familie in Obhut gegeben wurde. 35 Tage wurde Ramin Zandina festgehalten und gefoltert. Entlassen wurde er ohne seine Papiere. Er wusste, dass es noch nicht zu Ende sein würde. Ohne Pässe und zu Fuß flüchtete die Familie in den Irak zu Bekannten. Sechs Monate hielten sie sich versteckt, versuchten, über die internationalen Kontakte der Gewerkschaft Hilfe zu bekommen. Und schließlich schickte die deutsche Bildungsgewerkschaft GEW eine Einladung. Über die Türkei kam Ramin Zandina 2016 nach Deutschland. Später dürften seine Ehefrau und die zwei minderjährige Kinder durch Familienzusammenführung nachkommen. 

Regen, keine Berge

Die Stationen kann er aufsagen wie im Schlaf: Frankfurt, Gießen Dortmund, Kerpen, Düsseldorf. Regen, keine Berge. Das sind die Erinnerungen an die erste Zeit in dem neuen Land. Sein Vater habe immer von Deutschland geschwärmt. Von den guten Werkzeugen, die es dort gibt. „Made in Germany“ Niemals habe er damals gedacht, dass er dort einmal leben würde. Leben müsste. Ramin Zandina beschwert sich nicht, betont, wie sehr ihm die Menschen helfen: das psychosoziale Zentrum in Düsseldorf, die medizinische Flüchtlingshilfe in Bochum. Es wird sich gekümmert um ihn. Auch um die Folgen von Folter und Flucht. 

Den Kindern gefällt das Leben in Düsseldorf

Doch seine Haut ist dünn. Heimweh und der Wunsch, sich mühelos verständigen zu können, umgibt diesen Mann wie eine Aura. Bei den Kindern sei das anders, sagt er. Der Sohn gehe gerne ins Schwimmbad, die Tochter könne gut Deutsch. Ihnen gefalle das Leben in Düsseldorf. Er selbst bleibe lieber in der Wohnung in Garath. Versucht, sich die Sprachregeln in den Kopf zu hämmern und träumt davon, dass er irgendwann zurückgehen kann. Dass irgendwann kein Meer tobt  und keine Flammen wüten.