"Lernen - das ist mehr als nur Vokabeln pauken"
Das Projekt Lernorte hat den Integrationspreis von Lions Club Düsseldorf-Carlstadt Landeshauptstadt Düsseldorf gewonnen (3. Platz!). Kamil Basergan (2. v. r.), Mitarbeiter des Jugendmigrationsdienstes der Diakonie Düsseldorf, betreut das Projekt seit es 2009 ins Leben gerufen wurde. Im Interview erklärt der 61-Jährige, warum man die Kinder und Jugendlichen beim Projekt nicht zum Lernen drängeln muss, weshalb für Kinder und Jugendliche, die nach Deutschland geflüchtet sind, der Kontakt zu Gleichaltrigen so wichtig ist, und wieso lernen so viel mehr bedeutet, als Vokabeln zu pauken.
Herr Basergan, das Projekt Lernorte des Jugendmigrationsdienstes ist mit dem Integrationspreis der Stadt Düsseldorf ausgezeichnet worden. Was hat es mit dem Projekt genau auf sich?
Kinder und Jugendliche, die nach Düsseldorf kommen, und noch nicht ausreichend Deutsch sprechen, um am Unterricht an einer Regelklasse teilzunehmen, besuchen zuerst eine sogenannte Internationale Förderklasse. In diesen Förderklassen liegt der Fokus auf dem Deutschlernen, erst nach einem Jahr erfolgt dann der Wechsel in eine Regelklasse. Hausaufgaben machen, Referate vorbereiten, für Tests lernen – all das steht natürlich auch in den Förderklassen nach der Schule auf dem Programm. Um die Kinder und Jugendlichen dabei zu unterstützen, gibt es bereits seit 2009 das Projekt Lernorte des Jugendmigrationsdienstes der Diakonie Düsseldorf, bei dem wir mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung „Franklin5“ kooperieren.
Nach der Schule weiterlernen? Wird das nicht irgendwann zu viel?
Nein, gar nicht. Die Kinder und Jugendlichen kommen sehr gerne zu uns. In der Regel nehmen 30 bis 40 Kinder an dem freiwilligen Angebot teil. Es geht bei „Lernorte“ ja um viel mehr als nur ums Lernen. Wenn die 12- bis 17-Jährigen nach der Schule im Jugendzentrum eintrudeln, gibt es ein warmes Mittagessen, bei dem die Kinder und Jugendlichen erst einmal abschalten und ankommen können. Für sie ist das eine schöne Abwechslung zum Alltag in den städtischen Unterkünften für Geflüchtete, in denen viele von ihnen leben. Im Anschluss helfen Studierende der HHU und Ehrenamtliche den Jungen und Mädchen dann bei den Hausaufgaben. Die Schüler*innen unterstützen sich auch gegenseitig, wenn es bei einer Aufgabe haken sollte. Später gibt es dann noch ein Freizeitangebot bei dem die 12- bis 17-Jährigen beim Kickern, Tischtennisspielen oder verschiedenen Kreativangeboten auch mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt kommen, die in Deutschland aufgewachsen sind und die das Jugendzentrum nachmittags ebenfalls besuchen. Ein Nachteil der Förderklassen ist, dass die Kinder und Jugendlichen keinen Kontakt zu Gleichaltrigen knüpfen können, die schon länger hier leben. Dass im Jugendzentrum neu zugezogene und schon länger hier lebende Kinder und Jugendliche aufeinandertreffen – das ist deshalb für beide Seiten ein echter Gewinn.
Sie haben 1000 Euro als Preisgeld gewonnen. Was haben Sie damit vor?
Wir werden einen Ausflug mit den Kindern und Jugendlichen machen oder das Geld in unser Ferienprogramm stecken. Schließlich begrenzen „Lernorte“ sich nicht nur auf das Jugendzentrum. Wir versuchen, den Kindern und Jugendlichen, die es sich oft schlicht nicht leisten können, mit ihren Eltern oder Freund*innen etwas zu unternehmen – so viel wie möglich von ihrer neuen Heimat zu zeigen. Sei es, dass wir alle gemeinsam der Mannschaft von Fortuna Düsseldorf zujubeln, Schwimmen gehen, oder dem Schokoladenmuseum in Köln einen Besuch abstatten. Denn ein neues Land, eine neue Kultur kennenzulernen – dafür braucht es mehr, als nur Vokabeln zu pauken.
Foto: Stadt Düsseldorf